[Live-Hörspiel] The Call of Cthulhu
Freitag, 27. Januar 2017
Alfons-Jung-Saal, Wiesbaden
Mit kurzer Verspätung stattet der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump (Christopher Buhr) dem Saal einen kurzen Besuch ab, freut sich über die zahlreichen Besucher, die nur seinetwegen hier sind und äußert sich abfällig über das völlig überbewertete Kryptonite Radio Theater. Als musikalische Einleitung erzählt Diana Schupp noch über ihre kurze, tragische (aber durchaus komische) Liebesgeschichte mit einem Spanier, bevor es dann wirklich losgeht.
Die Rahmenhandlung beginnt in Boston mit den beiden Polizisten, Detective Jack Mallory (David Mark) und Sergeant Nick Hale (Andrew Graham), die zu einem Tatort gerufen werden. Bei dem bedauernswerten Mordopfer handelt es sich um Francis Weyland Thurston, den Erzähler aus H.P. Lovecrafts Call of Cthulhu. Während Hale den Fall als eher alltägliches Verbrechen ansieht, vertieft sich Mallory immer weiter in die gefundenen Unterlagen und erfährt auf diesem Weg von den Forschungen die Thurstons Onkel, der kürzlich verstorbene Anthropologe Professor George Gammel Angell, angestellt hat.
Freitag, 27. Januar 2017
Alfons-Jung-Saal, Wiesbaden
Vor einigen
Wochen landete ein kleiner Flyer in meinem digitalen Postfach, auf
dem sehr prominent der Titel The Call of Cthulhu prangte.
Neugierig wie ich bin, folgte ich dem Link und fand heraus, dass es
sich dabei um Werbung für ein Live-Hörspiel handelte. Stattfinden
sollte das Ganze im Alfons-Jung-Saal, der Wiesbadener St.
Bonifazius-Gemeinde zugehörig.
Obwohl ich mich relativ viel mit der
Kulturlandschaft der hessischen Landeshauptstadt befasse, hatte ich
bisher weder von diesem Saal, noch von der Existenz des
Veranstalters, dem Kryptonite Radio Theater, etwas gehört.
Bei dieser Gruppe handelt es sich, wie eine kurze Recherche ergab, um
zumeist US-amerikanischen Schauspieler, die schon seit 2010 immer
wieder Hörspiele auf die Bühne bringen. Ihr Repertoire umfasst
dabei so unterschiedliche Stücke wie den Klassiker Casablanca,
das Fantasy-Epos Dungeons & Demons oder King Kong.
Die
Veranstaltung ist praktisch ausverkauft und ich bin froh, dass ich so
früh vor Ort bin. Ein Platz in der zweiten Reihe erlaubt mir einen
ungehinderten Blick auf die Bühne und ich kann mir mit ein wenig
unauffälligem Geschiebe noch etwas mehr Beinfreiheit erarbeiten.
Schnell besorge ich mir noch ein Getränk an der Bar, während sich
der Saal immer weiter füllt. Ein kurzer Blick in die Runde zeigt ein
ungewöhnlich gut durchmischtes Publikum – ich hatte dagegen mit
deutlich mehr schwarz Gekleideten gerechnet.
Mit kurzer Verspätung stattet der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump (Christopher Buhr) dem Saal einen kurzen Besuch ab, freut sich über die zahlreichen Besucher, die nur seinetwegen hier sind und äußert sich abfällig über das völlig überbewertete Kryptonite Radio Theater. Als musikalische Einleitung erzählt Diana Schupp noch über ihre kurze, tragische (aber durchaus komische) Liebesgeschichte mit einem Spanier, bevor es dann wirklich losgeht.
Die Rahmenhandlung beginnt in Boston mit den beiden Polizisten, Detective Jack Mallory (David Mark) und Sergeant Nick Hale (Andrew Graham), die zu einem Tatort gerufen werden. Bei dem bedauernswerten Mordopfer handelt es sich um Francis Weyland Thurston, den Erzähler aus H.P. Lovecrafts Call of Cthulhu. Während Hale den Fall als eher alltägliches Verbrechen ansieht, vertieft sich Mallory immer weiter in die gefundenen Unterlagen und erfährt auf diesem Weg von den Forschungen die Thurstons Onkel, der kürzlich verstorbene Anthropologe Professor George Gammel Angell, angestellt hat.
Zu diesem
Zeitpunkt tritt die Rahmenhandlung mit den beiden Polizisten weit in
den Hintergrund und die eigentliche Geschichte startet mit dem ersten
Teil "The Horror in Clay". Dabei übernimmt Laura
Helmke-Long die Rolle der Erzählerin, während der Rest des
Ensembles in wechselnde Rollen schlüpft.
Eben jener
Professor Angell bekommt im Jahr 1925 Besuch von dem jungen Bildhauer
Henry Wilcox, der in einem Traum die Skulptur eines monströsen
Wesens geschaffen hat, das er Cthulhu nennt. Der Wissenschaftler hat
schon früher von einem Kult gehört, der sich um diese Kreatur
gebildet hat. Die Träume des Künstlers intensivieren sich und der
Professor protokolliert die Inhalte akribisch. Daneben sammelt er
Zeitungsberichte und befragt Freunde und Bekannte und erkennt, dass
auch andere Menschen auf der ganzen Welt ähnliche Träume haben.
Der zweite
Abschnitt der Geschichte, "The Tale of Inspector Legrasse",
macht einen Sprung zurück ins Jahr 1908. Hier erfährt Professor
Angell zum ersten Mal vom Kult des Cthulhu durch Inspector Legrasse
(Michael Lee). Dieser erzählt von mörderischen Ritualen in den
Sümpfen von New Orleans und zeigt den versammelten Wissenschaftlern
eine merkwürdige Statue. Diese Mischung aus Drache, Tintenfisch und
Mensch ähnelt sehr der Skulptur des Bildhauers und stellt die
Gelehrten vor ein Rätsel. Einzig Professor Webb, eine Autorität auf
dem Gebiet der Anthropologie, hat eine ähnliche Abbildung vor 50
Jahren auf Grönland bei einem degenerierten Eskimo-Stamm schon
einmal gesehen. Polizist und Wissenschaftler vergleichen ihre
Erkenntnisse und kommen zu dem Schluss, dass es sich um einen
weltweiten Kult handelt, der den Großen Alten Cthulhu anbetet.
Daran
schließt sich ein weiterer Werbeblock an, gefolgt von einer kurzen
Pause. Wie schon am Anfang gibt es einen Kommentar des Präsidenten
und eine Episode aus dem Leben von Diana Schupp. Diesmal singt sie
den Zuhörern aus ihren bewegten Karriere auf den Bühnen der Welt
vor.
Die
eigentliche Geschichte wird mit dem dritten und letzten Kapitel "The
Madness from the Sea" abgeschlossen. Nach dem Tod seines Onkels
geht Francis Thurston weiter den Berichten über den Kult nach und
reist dabei nach Neuseeland und Australien. Dort soll der Seemann
Johansen (Mike Riepl) leben, der auf seinen Reisen ein merkwürdiges
Erlebnis hatte. Thurston folgt Johansens Spur nach Oslo, muss aber
feststellen, dass der Mann mittlerweile unter merkwürdigen Umständen
verstorben ist. Jedoch hinterließ er seiner Witwe (Anna Gardner) ein
Tagebuch, mit den Ereignissen seiner letzten Reise.
Auf dem Weg nach Kalau wurde sein Schiff von degenerierten Kultisten angegriffen, jedoch konnten sie diese besiegen. An Bord des feindlichen Schiffes fand Johansen eine Statue, die eine frappierende Ähnlichkeit mit den Abbildungen aus Grönland und New Orleans hatte. Auf der Weiterreise landete das Schiff, die Alert, auf einer Insel, die offensichtlich durch ein Erdbeben an die Oberfläche gehoben wurde. Die überlebenden Seeleute erkundeten die Bauwerke auf der Insel und es gelang ihnen die Tür zu einem der Gebäude zu öffnen. Aus dieser Gruft kroch schließlich jene gewaltige Kreatur, die als Vorbild für die Statuen diente. Nur Johansen und einem weiteren Matrosen gelang die Flucht von der Insel, die anderen starben vor Schreck, wurden von dem Großen Alten getötet oder von den abstrakten Winkeln der Gebäude verschlungen. Der Eintrag endet mit der Beschreibung, dass Johansen sein Boot direkt in das Monster hinein steuert und es damit zerstört. Während sich Cthulhu wieder zusammensetzt gelingt den beiden Seeleuten die Flucht, doch sie verlieren über den Schrecken den Verstand. Während der Matrose Briden stirbt, überlebt Johansen und kehrt, getrieben von schrecklichen Alpträumen, in seine Heimat zurück. Doch schon nach kurzer Zeit kommt er bei einem Unfall ums Leben und alles was Thurston bleibt, sind die Einträge in dem Tagebuch.
Auf dem Weg nach Kalau wurde sein Schiff von degenerierten Kultisten angegriffen, jedoch konnten sie diese besiegen. An Bord des feindlichen Schiffes fand Johansen eine Statue, die eine frappierende Ähnlichkeit mit den Abbildungen aus Grönland und New Orleans hatte. Auf der Weiterreise landete das Schiff, die Alert, auf einer Insel, die offensichtlich durch ein Erdbeben an die Oberfläche gehoben wurde. Die überlebenden Seeleute erkundeten die Bauwerke auf der Insel und es gelang ihnen die Tür zu einem der Gebäude zu öffnen. Aus dieser Gruft kroch schließlich jene gewaltige Kreatur, die als Vorbild für die Statuen diente. Nur Johansen und einem weiteren Matrosen gelang die Flucht von der Insel, die anderen starben vor Schreck, wurden von dem Großen Alten getötet oder von den abstrakten Winkeln der Gebäude verschlungen. Der Eintrag endet mit der Beschreibung, dass Johansen sein Boot direkt in das Monster hinein steuert und es damit zerstört. Während sich Cthulhu wieder zusammensetzt gelingt den beiden Seeleuten die Flucht, doch sie verlieren über den Schrecken den Verstand. Während der Matrose Briden stirbt, überlebt Johansen und kehrt, getrieben von schrecklichen Alpträumen, in seine Heimat zurück. Doch schon nach kurzer Zeit kommt er bei einem Unfall ums Leben und alles was Thurston bleibt, sind die Einträge in dem Tagebuch.
Damit endet
die ursprüngliche Geschichte Lovecrafts und die Rahmenhandlung mit
den beiden Bostoner Polizisten tritt wieder in den Vordergrund.
Während Mallory sich ganz in die Aufzeichungen des Verstorbenen
vertieft hat, gelingt es Hale tatsächlich einen Verdächtigen im
Hafen zu lokalisieren und die Gesetzeshüter machen sich auf den Weg,
um den Kultisten zu verhaften...
Diese
Vorstellung des Kryptonite Radio Theater basiert auf der
Adaption der H.P. Lovecraft Historical Society, die schon
mehrere Geschichten des Autors im Stil alter Radio-Hörspiele
aufbereitet haben.
Die sechs
Schauspieler schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen - in einem
Moment ein tapferer Polizeibeamter, wenige Sekunden später ein
degenierter Kultist, eine Krankenschwester, ein Gelehrter, ein
Seemann oder ein Hillbilly. Aussprache und Akzente wechseln dabei
ebenso schnell wie Kopfbedeckungen und Accessoires, die den
Rollenwechsel weiter verdeutlichen. Auch Mimik und Körpersprache
wechseln beständig und demonstrieren eindrucksvoll die
Vielseitigkeit der Beteiligten. Während meist nur zwei oder drei
Charaktere direkt eingebunden sind, gibt es mehrere Szenen, in denen
das komplette Ensemble gefordert ist, beispielsweise bei der
Erkundung der mysteriösen Insel oder beim Kampf gegen die
degenerierten Kultisten in den Sümpfen.
Die
dezente, aber sehr effektive, musikalische Untermalung kommt aus der
Konverse, die Soundeffekte werden dagegen live von Anna Gardner
erzeugt. Mit ihren Utensilien nimmt sie den kompletten rechten
Bühnenrand ein und plantscht fast zwei Stunden lang in Wasser,
raschelt mit Bändern, stößt Messer in Salatköpfe, schlägt Türen
zu oder klopft auf unterschiedlichste Oberflächen.
Unterbrochen
wird die Geschichte auch immer wieder durch kleine (und sehr lustige)
Werbejingles, beispielsweise für die neue, noch schleimigere
Frühstücks-Cerealie "Cthuloops" oder Schinken-Aroma aus
der Sprühdose - zur Abwehr von Veganern und Vegetariern. Auch die
Gesangseinlagen von Diana Schupp, wenn auch ohne cthuloiden Bezug,
sind sehr gelungen und lockern das eigentlich finstere Stück auf.
Bisher
hatte ich keine Vorstellung, wie ein Live-Hörspiel funktioniert. The
Call of Cthulhu hat sich als wirklich großartige Mischung aus
Theater und szenischer Lesung erwiesen, die sehr gut zu unterhalten
weiß. Einerseits wurde die Horror-Geschichte stimmig und sehr
atmosphärisch umgesetzt, andererseits nahmen sich die Beteiligten
nicht zu ernst und sorgten zwischendurch immer wieder für Lacher.
Dabei agierten die Schauspieler mit sichtlich Spaß an der Sache und
bescherten so den Zuschauern einen wirklich gelungenen,
unterhaltsamen Abend mit einer ungewöhnlichen Veranstaltung. Es wird
sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich dem Kryptonite
Radio Theater einen Besuch abgestattet habe.