Donnerstag, 11. Februar 2016

The Bollock Brothers; Das Bett; Frankfurt


[Konzert] The Bollock Brothers
Support: JP Kennedy
Samstag, 6. Februar 2016
Das Bett, Frankfurt


Um das Jahr 1990 herum entdeckte ich The Bollock Brothers oder The Famous B. Brothers, wie sie sich seinerzeit nannten, für mich. Die Mischung aus leicht versponnenen, abstrusen Texten, eingängigem Sound und sehr charakteristischem Sprechgesang übte eine unbestreitbare Faszination auf mich aus und schon nach kurzer Zeit hatte ich fast alle Alben der Band im Schrank stehen, bekam aber nie die Gelegenheit sie live zu erleben. Irgendwann verlor ich die Band dann aus den Augen und lediglich einige Stücke auf meiner Playlist hielten sie mir in Erinnerung.
Wie es nun mit vielen Bands aus dieser Ära auch der Fall ist, so tauchten The Bollock Brothers vor einigen Jahren wieder aus der Versenkung auf und begannen ausführlich zu touren, so dass ich endlich den schon lange überfälligen Konzertbesuch nachholen konnte. Im vorletzten Jahr hatte ich leider keine Zeit auf den Gig der Band zu gehen, letztes Jahr hätte es mit meinen Terminen funktioniert, allerdings wurde der Auftritt kurzfristig abgesagt; doch nun sollte dem lange geplanten Konzertbesuch eigentlich nichts mehr im Wege stehen.


Die Schlange vor dem Ticketschalter war überschaubar, auch im Bett selbst war noch nicht so viel los, so dass ich mir in Ruhe noch etwas zu trinken holen und einen Blick auf das recht umfangreiche Merchandise-Sortiment werfen konnte.


War der Konzertbeginn eigentlich für 20.30 Uhr angesetzt, so betritt erst eine halbe Stunde später JP Kennedy die Bühne, der an diesem Abend die Aufgabe hat, die mittlerweile deutlich zahlreicheren Besucher auf die Hauptband einzustimmen. Mit den leicht zotteligen roten Harren, einem ebensolchen Bart und einer Akustikgitarre vor der Brust sieht er praktisch wie der Inbegriff des irischen Straßenmusikers aus. Das Set verstärkt dann auch diesen Eindruck, besteht es doch aus Folk-Klassikern wie "Dirty Old Town" oder dem unvermeidlichen "Whisky in the Jar", ergänzt um einige nette Eigenkompositionen wie den nicht sonderlich ernst gemeinten "Hangover in Hannover" oder "Las Vegas in the Hills of Donegal". Ebenso wichtig wie die Musik ist ihm dabei auch die Interaktion mit dem Publikum; Mr. Kennedy hat fast zu jedem seiner Lieder eine Kleinigkeit zu erzählen und macht den einen oder anderen Scherz, wobei die Nachfrage wie Eintracht Frankfurt in der Bundesliga an diesem Tag gespielt hat nicht ganz so gut ankommt. Am Ende des gut halbstündigen Auftritts verabschiedet sich der Musiker schließlich mit einer sehr ungewöhnlichen, aber hörenswerten, Version des The Undertones-Hits "Teenage Kicks" in den Backstage-Bereich.



Obwohl die Instrumente schon auf der Bühne aufgebaut sind, lassen sich die Bollock Brothers dann doch ein bisschen viel Zeit und betreten kurz vor 22 Uhr, angeführt von Bassist Richard Collins, die Bühne des Bett. Als letzter schlendert schließlich ein älterer Herr in in dunkelblauem Anzug, scheußlicher Krawatte und modisch-blondierter Stachelfrisur ans Mikrofon. Dabei handelt es sich jedoch nicht, wie das Aussehen vermuten lässt, um einen in Würde gealterten Handelsvertreter sondern um Jock McDonald, Sänger, Kopf und letztes verbliebenes Gründungsmitglied der Band. Doch schon nach der netten Begrüßung und den ersten Zeilen des Openers macht sich bei Mr. McDonald leichter Unmut breit, da sein Mikrofon den nötigen Wumms vermissen lässt. Nachdem die Diskussion, wer das lauteste Mikrofon hat jedoch zur Zufriedenheit aller Beteiligten geklärt ist macht die Band einen erneuten Anlauf. Bei "Four Horsemen", einem meiner Lieblingsstücke, kommen die Vocals dann auch deutlich druckvoller und die Zuschauer feiern nach Kräften. Beim folgenden "Horror Movies" sind es vor allem die Keyboard-Passagen die das Stück tragen, während der Refrain irgendwie etwas unkoordiniert wirkt. Jock McDonald ist augenscheinlich mit der Technik und mit der Performance der Band immer noch nicht so wirklich zufrieden und bittet mehrfach beim Publikum um etwas Geduld und verspricht, dass es besser wird, je länger das Konzert dauert. Für "Cyberspace Polaroid" steuert die reizende Mademoiselle Elodie einige Vocals bei, die man in dieser Intensität gar nicht von solch einer zierlichen Person erwartet hätte. Zwischendurch schiebt die Band noch ein kurzes Cover von Rod Stewart ein, bevor es mit dem eigentlichen Stück weitergeht; vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicherlich nicht schlecht. Danach folgt ein großartiges "Best Of"-Set, das neben "Woke Up This Morning And Found Myself Dead", "Henry The 8th", dem wahrscheinlich bekanntesten Stück der Band, "Harley David (Son of a Bitch)", und dem swingenden "Jack The Ripper" auch meinen ungeschlagenen Liebling "King Rat" umfasst.
Daneben spielt die Band einige eher unbekannte Stücke, die allerdings auch recht gut beim Publikum ankommen, vor allem die groovende Mitgröhlnummer "Jesus Lived Six Years Longer Than Kurt Cobain" oder "Queen & Country", dem verstorbenen Keyborder Mark Humphrey gewidmet, bleiben mir davon im Gehörgang hängen. Daneben streut die Band immer wieder Coverversionen, manchmal nur Fragmente, ein um das eigene Repertoire aufzulockern. Dazu passt auch, dass Jock McDonald immer wieder kleine Anekdoten aus seinem bewegten Musikerleben, beispielsweise über einen Bordellbesuch in Frankfurt oder vertauschte Ausweispapiere auf dem Flughafen erzählt.

Gelegentlich zieht er sich auch kurz in den Hintergrund der Bühne zurück und überlässt das Mikrofon seinen Mitstreitern. So darf Drummer Patrick Pattyn bei "Beats Of Love" übernehmen, Gitarrist Chris McKelvey ist leider bei "Fields of Athenry" praktisch gar nicht zu verstehen (was aber definitiv nicht am Mikro liegen kann) und mit dem Sex Pistols-Cover "Pretty Vacant" bringt Bassist Richard Collins das vorher eher entspannt mitwippende Publikum zum wilden Pogen, was schließlich in einigen unfreiwilligen Bier- und Äppler-Duschen mündet.

Nach fast 100 Minuten zieht sich die Band von der Bühne zurück und ich nutze die Gelegenheit für ein kleines Schwätzchen mit JP Kennedy, der sich mittlerweile unters Publikum gemischt hat und neben mir steht.

Für die erste Zugabe soll eigentlich eine Dame aus dem Publikum den Gesangspart von "Ace Of Spades" übernehmen, doch trotz eines Cola-Cognacs um die Hemmungen abzubauen ziert sie sich leider, bleibt aber für die nächsten beiden Stücke dekorativ tanzend auf der Bühne. Danach brauchen die Herren, sie sind schließlich alle nicht mehr die jüngsten, nochmals eine klitzekleine Pause und betreten schließlich nach wenigen Minuten noch ein letztes Mal die Bühne. Nachdem es schon mehrfach lautstark gefordert wurde ist es nun endlich an der Zeit, das gut zweistündige Set mit dem großartigen "Faith Healer" würdig abzuschließen.



Obwohl sich die Halle rasch leerte blieb ich noch ein paar Minuten bei der sich direkt anschließenden Desperate Society Party, war dann aber doch letztendlich viel zu müde um noch großartig mitzufeiern, zumal sich die Heimfahrt erfahrungsgemäß immer sehr in die Länge zieht.



Nach der anfänglichen Diskussion darum, wer das lauteste Mikrofon hat befürchtete ich eigentlich, dass das Konzert in einem Debakel enden würde. Doch hielt Jock McDonald sein Versprechen und lieferte mit seiner Band ein großartiges Konzert bei dem Setlist, Stimmung und schließlich auch dieTechnik passten. Da störte es auch nicht weiter, dass die kurzfristig anberaumte Improvisation von "Ace Of Spades" doch nicht zum Einsatz kam oder das ein oder zwei Stücke fehlten, mit denen ich fest gerechnet hatte. Die Atmosphäre im Das Bett war, eigentlich wie immer, sehr entspannt und familiär - was den kleinen Frankfurter Club zu einer meiner liebsten Veranstaltungsorte macht.


Samstag, 6. Februar 2016

Spielwarenmesse Nürnberg 2016

[Messe] Spielwarenmesse 2016
Donnerstag, 28. Januar 2016
Nürnberg


Ist die SPIEL in Essen das Mekka aller Spielbegeisterten und Konsumwütigen, so stellt die Spielwarenmesse in Nürnberg quasi den Gegenentwurf hierzu dar. In den Messehallen herrschen weitgehend Ruhe und Zurückhaltung, die meisten (Fach-)Besucher gehen zielstrebig und konzentriert ihren Geschäften nach und praktisch nie kommt es zu Drängeleien oder Geschubse. Zwar gibt es hier kaum Spielmöglichkeiten, dafür steht in der Regel jedoch qualifiziertes Fachpersonal bereit, das in der Lage ist, Fragen zu den meisten Spielen zu beantworten. In den letzten Jahren habe ich die entspannte Atmosphäre in den Nürnberger Messehallen doch sehr zu schätzen gelernt und freue mich jedes Jahr darauf, mir die Neuheiten der Aussteller ansehen zu können.
Ich hatte in diesem Jahr eine relativ genaue Vorstellung, was ich mir bei den verschiedenen Verlagen anschauen wollte, ließ mir aber auch ein ausreichend großes Zeitfenster, um einfach so ein wenig die Produkte der verschiedensten Hersteller zu betrachten.  Akkreditierung, Bahnfahrkarten und der notwendige Urlaub waren schnell organisiert, und so stand einem kleinen Ausflug zur Messe eigentlich nichts mehr im Weg.
Wie auch schon im letzten Jahr verlief die Anreise mit der Bahn, abgesehen von der obligatorischen Verspätung auf dem Weg zum Frankfurter Hauptbahnhof, schon ungewöhnlich problemlos. Ich hatte grade noch Zeit, mir ein wenig Reiseproviant zu besorgen, als mein Zug auch schon in den Bahnhof einfuhr und mir einen (vermeintlich) ruhigen Platz zu suchen. Eigentlich wollte ich nach einer sehr kurzen Nacht die drei Stunden Fahrt für ein kurzes Schläfchen nutzen, allerdings machte die wilde und lautstarke Knutscherei des Paares im Sitz vor mir jegliche Hoffnungen auf etwas Ruhe zunichte.


So kam ich dann etwas zerknittert, aber immerhin pünktlich, kurz nach 9 Uhr an der Messehalle an und ging fast auf dem direktem Weg zum Pressezentrum, um dort meine Jacke zu verstauen und mir den aktuellen Messekatalog zu holen. Dermaßen präpariert konnte ich mich nun daran machen, meine To-Do-Liste abzuarbeiten.


Auf dem Weg zu meinem ersten Ziel musste ich die Halle 7A passieren, in denen die Hersteller der verschiedensten fernsteuerbaren Fahrzeuge ihren Platz gefunden haben. Nachdem einer meiner Kollegen mich ein wenig mit seinen Quadkoptern angefixt hat, nutzte ich die Gelegenheit auf der Messe auch einen kurzen Blick auf die angebotenen Modelle zu werfen. Die schier unüberschaubare Auswahl überforderte mich jedoch komplett und daher packte ich lediglich einige Kataloge ein um diese zu einem späteren Zeitpunkt und vielleicht mit sachkundiger Hilfe durchzugehen.


Mein eigentliches Ziel lag jedoch bei den Modellbauern in Halle 7, hier war ich vor allem neugierig, was den britischen Tabletop-Marktführer Games Workshop nach Nürnberg verschlagen hatte. Normalerweise machen die Mannen aus Nottingham um solche Veranstaltungen einen weiten Bogen. Der überraschend kleine Stand lag ziemlich zentral in der Halle und außer einem großen Diorama mit Figuren des Fantasy-Systems Warhammer – Age of Sigmar und einer Vitrine mit einigen weiteren Figuren gab es eigentlich nichts wirklich Spannendes zu sehen. Wirklich interessante Neuigkeiten ergaben sich dann auch erst nach dem Gespräch mit dem Standpersonal. Vor allem die Rückkehr des großartigen Fantasy-Football-Spiels Blood Bowl mit neuen Figuren und überarbeiteten Regeln im nächsten Jahr sorgte bei mir für sichtbare Vorfreude, da dieses Spiel seit über 20 Jahren zu meinen Lieblingen zählt. Auch nicht unspannend war die Ankündigung, alte, relativ einfache Bausätze der Space Marine- und Ork-Fraktionen aus dem Warhammer 40.000-Universum neu zu verpacken und mit einigen Farben, Pinsel und Kleber als Einstiegsmodelle an eine jüngere Zielgruppe zu vermarkten. Angesichts der angekündigten Preise dürften die Modelle aber auch für altgediente Spieler interessant sein, die ihre Armeen aufstocken wollen. Im Vergleich zu den letzten Jahren tummelten sich in dieser Halle auch erstaunlich viele Hersteller von Lack- und Acrylfarben, von denen ich Acrylicos Vallejo auf jeden Fall einen Besuch abstatten wollte. Neben einigen neu zusammengestellten Farbsets und Airbrush-Farben mit neuer Rezeptur war es vor allem das Buch The Rise of Fantasy, das ich gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Autor Juan Barrena beschreibt hier dezidiert die Entstehung einiger großartiger Dioramen von den ersten Skizzen bis hin zum fertigen Werk. Nebenan bei MIG Productions konzentrierte man sich in erster Linie auf den Einsatz von Pigmenten um Modellen den letzten Schliff zu geben. Auch hier standen Produkte im Vordergrund, die dem Anwender die Erzielung spektakulärer Effekte erleichtern sollen. Während einer kurzen Vorführung hatte ich schließlich die Gelegenheit einige Erklärungen einzuholen, die mir hoffentlich bei künftigen Projekten helfen werden.
Ich konnte diesen Hallenbereich nicht verlassen ohne vorher noch einen Blick auf den Stand des Airbrush-Pistolen-Herstellers Badger zu werfen, wo ein Künstler den ganzen Tag damit beschäftigt war die Tankverkleidung eines Motorrads zu verschönern. Auch bei einigen anderen Modellbauherstellern wie beispielsweise Italeri, Heller oder Zvezda warf ich noch einen schnellen Blick auf die Neuheiten, fand aber nichts wirklich Spektakuläres, so dass ich mich schon bald weiter auf den Weg zu meinen eigentlichen Ziel, der Halle 10, machte.

Zwischendurch schaute ich noch kurz bei Folat vorbei, einer niederländischen Firma, die allerlei Partyzubehör im Angebot hat. Zwar gab es hier auch einige recht interessante Dinge zu sehen, Luftballons in allen Farben und Formen oder wirklich lustige Scherzartikel, doch ich interessierte mich eher für das großartige Give-Away, das am Messestand abgeholt werden konnte. Mit dem stabilen Trolley fiel das Gewicht der zahlreichen Prospekte, Kataloge und Flyer die sich schon nach kurzer Zeit in meiner Tasche angesammelten gar nicht mehr auf und ich konnte, spürbar erleichtert, meinen Weg zu meinen weiteren Zielen fortsetzten.

In Halle 10 war die erste Anlaufstelle natürlich der mächtige Stand von Kosmos, deren Experimentierkasten KosmoBits am Tag zuvor mit dem Toy Award 2016 ausgezeichnet worden war. Wie schon frühere Experimentierkästen, so ist auch hier das Ziel Kinder spielerisch an Themen mit technischem Hintergrund heranzuführen, in diesem Fall die Programmierung eines Bewegungssensors. Mit diesem lassen sich dann nicht nur kleine Spiele auf dem Pad steuern sondern auch praktische Anwendung entwickeln. Ein interessantes Konzept, ganz in der Tradition des Kästen, mit denen ich seinerzeit herumgewerkelt habe. Natürlich gab es daneben auch mit der Big Box die unvermeidliche Erweiterung für die Siedler von Catan und eine Neuauflage des dazugehörigen Kartenspiels. Leider macht der Star Wars-Hype auch bei diesem Hersteller keine Ausnahme und mir stellte sich die Frage, ob die Welt unbedingt ein Star Wars Ubongo gebraucht hätte. Glücklicherweise gab es aber auch noch einige originelle Konzepte zu sehen, so beispielsweise Schmuggler, bei dem die Spieler Gegenstände in Knete verstecken und diese durch die Kontrolle schmuggeln müssen, oder das Bauspiel Imhotep, das die Pyramidenkonstrukteure und Taktiker fordert. Natürlich bekommt das Detektivzubehör der Die drei ???-Reihe ebenfalls einigen Zuwachs und verschiedene kleinere Spiele erweitern das Portfolio des Verlags. Meine nächstes Ziel befand sich am entgegengesetzten Ende der Halle und ich unterbrach meinen Weg nur kurz, um die neuesten Würfel zu bestaunen, die Q-Workshop aus Polen mitgebracht hatten. Hier war man anscheinend der Meinung, das jede Kampagne des Pathfinder-Rollenspiels einen eigenen Würfelsatz braucht, ebenso wie verschiedene Cthulhu-Settings. Daneben gab es natürlich noch einige universelle Würfelsets, edel aufgemachte Würfelbecher und stylische, auf das jeweilige Spielsystem abgestimmte, Würfeltürme zu bestaunen. Nach diesem kurzen Intermezzo erreichte ich schließlich mein eigentliches Ziel, den Stand des Heidelberger Spieleverlag. Natürlich waren auch hier die Star Wars-Spiele prominent vertreten. Neben dem kleinen, schnellen Raumkampfspiel X Wing, dessen kommende Neuerscheinungen ich schon in der Vitrine betrachten konnte, die strategische Raumschlacht Armada und der Dungeon Crawler Imperial Assault. Um die Konflikte aus den Filmen schließlich auf ein galaktische Maß zu bringen wird in Kürze Rebellion erscheinen, bei dem die Spieler entweder als Rebellen oder Imperiale um die Kontrolle über ganze Planetensysteme ringen und dabei das komplette aus den Filmen bekannte Arsenal, einschließlich der Todessterne, einsetzen können. In eine ganz ähnliche Richtung geht das im Warhammer 40.000-Universum angesiedelte Strategiespiel Verbotene Welten, bei dem ebenfalls verschiedene Fraktionen um die Kontrolle über Planeten und Ressourcen ringen. Natürlich gab es auch noch einige andere Spiele, darunter weitere Lizenzprodukte, zu sehen, beispielsweise den Dungeon-Crawler Dungeon Saga, der zumindest optisch eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Klassiker HeroQuest aufweist, Spiele zu den Fernsehserien Homeland und Game of Thrones oder Twin Tin Bots, bei dem die Spieler Bewegungsabläufe für ihre Roboter planen und diese in einen Parcours schicken. Danach ging es hinüber zu Pegasus Spiele, die wie schon im letzten Jahr, mit einem recht großen Stand im Übergangsbereich der Hallen 10 und 11 anzutreffen waren und hier ihr komplettes Produktsortiment aufgebaut hatten. Viel interessanter als die schon erhältlichen Spiele waren für mich jedoch die kommenden Neuheiten, auf die man schon einen ersten Blick werfen konnte. Hier waren es vor allem Fortsetzungen und Ableger schon bekannter Titel, beispielsweise der Kartenspielversion des großartigen Intrigen-Spiels Junta, die eigenständige Munchkin Steampunk-Erweiterung oder Schattenland, der vereinfachte Einsteig ins Cyberpunk-Rollenspiel Shadowrun, die mich interessierten. Aber auch einige originelle Neuheiten gab es zu bestaunen, so die abenteuerliche Suche nach dem Yeti oder das putzig anzuschauende Gierige gierige Goblins, die sich beide an eine etwas jüngere Zielgruppe richten. Viele der hier ausgestellten Neuheiten befanden sich noch in einer mehr oder minder frühen Entstehungsphase, aber zumindest konnte sich der interessierte Spieler ein Bild davon machen, was in den nächsten Monaten von den Friedbergern veröffentlicht wird. Nachdem ich mir damit auf der unteren Ebene einen ersten Überblick verschafft hatte, ging es weiter in der ersten Stock der Halle 10, in der die meisten traditionellen Brettspielverlage untergebracht waren.


Direkt von der Rolltreppe aus stolperte ich in den Stand von Schmidt Spiele, bei denen es wieder einige hübsche Spielideen zu sehen gab. Hier bekam der Spielernachwuchs etwas geboten, zum Beispiel mit Burg Flatterstein, bei dem die Spieler Fledermäuse mittels eines Katapultes in eine Schlossruine befördern müssen. Aber auch für ältere Semester gab es das eine oder andere interessante Stück: so müssen die Spieler bei Skull King – Das Würfelspiel die Anzahl der Stiche ansagen, die sie erwürfeln; ein interessantes Konzept, für mich mit meiner Würfelphobie aber eher ungeeignet. Viel besser, sowohl optisch als auch vom Spielkonzept her, gefiel mir dagegen das Kartenstichspiel Vampire Queen das sich durchaus auch für größere Spielergruppen eignet. War ich beim Erscheinen von Star Wars Carcassonne Ende letzten Jahres schon etwas irritiert gewesen, überraschte mich die Ankündigung einer Erweiterung nun nicht mehr ganz so sehr. Ob es dann aber tatsächlich ein Star Wars Qwirkle braucht, dessen Prototyp schon hier ausgestellt war, möchte ich doch bezweifeln. Amigo entwickeln sich dagegen immer mehr zum Spezialisten für kleine, feine Kartenspiele mit denen sich Spieler aller Altersgruppen anfreunden können. Optisch machten Dao, Unter Spannung oder auch Schnapp den Sack nicht unbedingt viel her, zeigten aber, dass es immer noch möglich ist, altehrwürdigen Spielprinzipien neue Aspekte abzugewinnen. Die kurzen Testspiele machten zumindest Appetit auf mehr und die Spiele werden wohl in absehbarer Zeit meiner Sammlung hinzugefügt werden. Ganz besonders bin ich jedoch auf die Wizard Jubiläumsedition gespannt, die dem Spiel nicht nur neue Artworks sondern auch noch sechs neue Karten spendiert um das Spielgeschehen durcheinander zu bringen.


Ich bin, zugegebenermaßen, ein großer Freund der Spiele des Verlags Iello und war entsprechend neugierig was die Franzosen in diesem Jahr vorstellen würden. Neben einer, noch namenlosen, Erweiterung für die Monsterkeilerei King of New York gab es Prototypen des strategischen Worker Placement Spiels Bunny Kingdom zu sehen, bei Oceanos machen sich die Spieler in U-Booten auf eine unterseeische Schatzsuche um sich anschließend bei Sea of Clouds als Luftschiffpirat in luftigen Höhen auf Kaperfahrt zu gehen. Neben diesen schon weit fortgeschrittenen Spielentwicklungen gab es dann noch eine ganze Reihe kleinerer Spiele in verschiedenen Entstehungsstadien zu sehen. Gerne hätte ich zu dem einen oder anderen Spiel einige Fragen gestellt, doch das Standpersonal zog sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit entweder in das improvisiertes Büro oder vor den Computer zurück und war dann nicht ansprechbar. Schade eigentlich!
Viel entgegenkommender war man dagegen bei Asmodee, die mittlerweile eine beeindruckende Anzahl an Verlagen, beispielsweise Days of Wonder, Treefrog Games, Ludically oder auch Lookout Games, unter ihrem Dach versammelt haben. Hier waren es vor allem die, ursprünglich über Kickstarter finanzierten, Brettspiele mit ihrer opulenten Ausstattung welche die Aufmerksamkeit auf sich zogen. So wie beispielsweise Blood Rage, in dem die Spieler mit ihrem Wikinger-Clan plündern, Questen erfüllen und Länder erobern um vor dem drohenden Ragnarök Ruhm und Ehre anzuhäufen, um schließlich an der Tafel der Götter in Walhalla zu sitzen. Auch der neueste Zombicide-Ableger Black Plague fällt in diese Kategorie und verlegt die Bedrohung durch die Untoten Horden ins finstere Mittelalter. Neben dem sehr umfangreichen Spielmaterial haben die Autoren dem Spiel sogar noch einige Neuerungen verpasst. In eine etwas andere Richtung geht dagegen das cthuloide Weird War-Strategiespiel Shadows over Normandie: hier müssen die Spieler kurz nach dem D-Day entweder verhindern, dass die bösen Nazis den großen Cthulhu beschwören oder als Achsenmächte die Invasoren zurück ins Meer drängen. Ebenfalls an regem Besucherinteresse konnten sich die grafisch wirklich überragende Mörderhatz Mysterium und das Zeitreise-Epos T.I.M.E. Stories erfreuen, zu dem die beiden Erweiterungen Der Marcy-Fall und Die Drachenprophezeiung präsentiert wurden. Trotz der zahlreichen Besucher nahm sich das Standpersonal tatsächlich die Zeit und beantwortete Detailfragen zu den Spielen ausführlich und erstaunlich fachkundig; auf einer Messe nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Auch bei Queen Games hatte man sich wieder angestrengt, um mit einigen Neuheiten aufzuwarten. Risky Adventures, eine Schatzjagd rund um den Erdball in bester Indiana-Jones-Manier, das Architektenspiel World Monuments und auch das im viktorianischen England angesiedelte Handelsspiel London Markets machten sowohl optisch, als auch von der Spielidee her einen ziemlich guten Eindruck. Ob dieser erste Eindruck auch bei einer eingehenderen Prüfung Bestand hat werden dann wahrscheinlich die nächsten Spieleabende zeigen.
Nachdem ich im letzten Jahr mein erstes Krimi-Dinner hinter mich gebracht habe, war ich von diesem Konzept doch sehr angetan und wollte die Messe nutzen, um mich nach eventuellen Fortsetzungen umzuschauen. Fündig wurde ich hier bei Krimi Total, einem Dresdner Verlag, der sich auf solche Publikationen spezialisiert hat. Dem netten Herrn am Stand gelang sogar das Kunststück, mir relativ viel über die Produkte zu erzählen ohne dabei zu spoilern. Zumindest das neu erschienene Intrigen-Epos Die Yacht der Macht, über eien Mord im Umfeld der korrupten Führung einer Bananenrepublik und das schon etwas ältere Im Schatten der Premiere, angesiedelt im Prag der 1920er Jahre, sind bestellt und werden in nicht allzu ferner Zukunft für hoffentlich spannende Abende sorgen. Schließlich stand noch der moses. Verlag auf meiner Liste, die immer wieder interessante Quiz- und Rätselspiele im Programm haben. Den meisten Spielern dürfte die Black Stories-Serie ein Begriff sein, die in Kürze mit der Scary Music Edition eine weitere Fortsetzung erhält, aber auch die Produktpalette zum Fernsehkrimi tatort wächst kontinuierlich. Daneben haben mir besonders gut das Geographie-Ratespiel Wo ist bitte Umtata? und Mr. Lister's Quiz Shooutout gefallen, beides Spiele, bei denen die Spieler endlich eine sinnvolle Anwendung für ihr mühevoll angesammeltes und normalerweise nutzloses Detailwissen haben. Obwohl es nicht unbedingt in mein Ressort fällt musste ich schließlich noch einen Blick auf die Collection Art-thérapie werfen, eine Serie mit Malbüchern der etwas anderen Art und wirklich sehenswert.


Nachdem ich damit praktisch meine komplette To-Do-Liste abgearbeitet hatte, machte ich mich wieder auf den langen Marsch ins Pressezentrum, um dort die zahlreichen Kataloge zu überfliegen, noch einige interessante Ziele herauszupicken und, ganz wichtig, ein paar Minuten die geschundenen Füße hochzulegen. Im Nachhinein stellte sich dies jedoch als kapitaler Fehler heraus, denn bei der zweiten Runde schmerzte jeder Schritt umso mehr. Immerhin konnte ich mein Gepäck hier ablegen und mich einigermaßen unbeschwert auf den Weg in die Hallen 3 und 4 machen.


Ich würde mir zwar selbst nie eine Modelleisenbahnanlage ins Wohnzimmer stellen, aber es ist doch schon beeindruckend, was Firmen wie Märklin, Faller oder Brawa aufstellen: Bei den, mit viel Liebe zum Detail gestalteten, Anlagen kann man wahrscheinlich stundenlang davor stehen und entdeckt immer noch neue, winzige Einzelheiten, die die Szenerie zum Leben erwecken. Einen etwas praktischeren Nutzwert für mich hatten die Produkte des Geländeherstellers Noch, die ich immer wieder gerne für die Gestaltung meiner Tabletop-Miniaturen und der dazugehörigen Szenerie nutze. Vor allem die realistisch aussehenden Gewächse hatten es mir angetan, aber auch für die verschiedene Effekte für Wasser, Eis und Schnee habe ich künftig sicherlich die eine oder andere Anwendung.
Der Weg zu meinen letzten Ziel führte mich durch Hallen vollgestopft mit Puppen, Schulutensilien, Kinderwagen und Feuerwerksartikeln, die ich alle weitgehend ignorierte, da ich wieder einmal viel zu viel Zeit vertrödelt hatte.
Schließlich kam ich bei meinem letzten Ziel, der Halle 12 an, die traditionell von den wirklich großen Spielzeughersteller wie Mattel, Playmobil, Revell oder Lego unter sich aufgeteilt wird. Wie in jedem Jahr stand ich vor den beinahe mannshohen Bauklötzchenfiguren des dänischen Herstellers im Eingangsbereich und staunte über die Details. Neben dem virtuellen Dimensions-Spielsystem stand die neue Figurenserie der Nexo Knights im Mittelpunkt, deren Figuren mich teilweise extrem an das Tabletop Warmachine erinnerten. Nachdem ich mich satt gesehen hatte schlenderte ich relativ gemütlich an den anderen Ständen vorbei, betrachtete die dort präsentierten Produkte und hielt noch das eine oder andere Schwätzchen mit Besuchern und Ausstellern. Einzig bei Revell verbrachte ich ein wenig mehr Zeit als eigentlich geplant. Auch dieser Hersteller kann sich über einen Toy Award für die Junior Kits freuen. Diese Auto-Bausätze machen optisch wirklich einen sehr guten Eindruck und sind solide genug, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe längere Zeit zu überstehen. Ansonsten gab es auch hier zahlreiche Star Wars-Modelle zu sehen und auch der Trend zu ferngesteuerten Fahrzeugen am Boden, zu Wasser und in der Luft ist ungebrochen. In den, mit Fangnetzen abgesicherten, Bereichen konnten die Besucher sogar selbst Hand an die Fernbedienungen legen und einige Proberunden absolvieren.


Für die Rückkehr ins Pressezentrum und das dort stattfindende gemeinsame Essen blieb mir nicht mehr sonderlich viel Zeit und so wählte ich den Weg über die Außenflächen um schneller voran zu kommen. Und tatsächlich gelang es mir auch rechtzeitig um 17.30 Uhr am Restaurant zu sein und den traditionellen Messecocktail zu verkosten. Für meinen Geschmack war der Tolls Toyce mit seiner Mischung aus Cidre, Williams, Applie Pie Syrup und Rhabarbernektar jedoch deutlich zu süß und ich beließ es beim Anstandsglas. Das anschließende Essen fand dann wieder in ausgesprochen gelöster Atmosphäre statt und es wurden fröhlich Meinungen und Gerüchte ausgetauscht, wobei die wirklichen Spieler unter den anwesenden Pressevertretern deutlich in der Unterzahl waren. Die Tipps für den weiteren Messebesuch konnte ich mir dagegen sparen, da ich mich am gleichen Abend wieder auf den Heimweg machen musste. Diesmal hatte ich einen früheren Zug gebucht, daher verließ ich das Restaurant recht zeitig und bahnte mir meinen Rückweg durch die nahezu ausgestorbenen Messehallen. Nur gelegentlich kam mir ein Besucher entgegen, der entweder auf der Suche nach einem Ausgang vom Weg abgekommen war oder eine der zahlreichen After-Show-Partys besuchen wollte.
Die Heimreise verlief dann, ebenso wie schon die Hinfahrt, angenehm ereignislos und ich hatte sogar die Gelegenheit immer wieder ein bisschen zu dösen. So kam ich nicht ganz so zerstört wie in den Vorjahren gegen Mitternacht in Ingelheim an und machte mich, nun im Auto, auf die letzte Etappe meines Weges um dann am nächsten Morgen mit der Sichtung des Materials zu beginnen.


Neben schmerzenden Füßen, einer leichten Erkältung und einer gewaltigen Menge an Katalogen konnte ich von der diesjährigen Spielwarenmesse noch einige wichtige Erkenntnisse mitnehmen: Der Zombie-Hype hat offensichtlich seinen Zenit überschritten und nur noch ganz vereinzelt müssen die Untoten für mehr oder minder gelungene Spielkonzepte und andere Produkte herhalten. Auch von den augenfeindlichen quietschgelben Minions war im Vergleich zum letzten Jahr kaum noch etwas zu sehen. Dafür gab es praktisch kein Produkt, vom Kugelschreiber über Luftballons, Kindersessel und Plüschfiguren bis hin zur ausgewachsenen Hüpfburg, das nicht mit jeglicher Art von Star Wars-Motiven zugepflastert wäre. Während man durch die Hallen schlenderte war förmlich zu hören, wie sich die Geldströme auf die Konten des Disney-Konzerns und George Lucas ergossen. Auch sonst war die Lizenzabteilung des Filmstudios nicht faul gewesen und hatte praktisch alle Charaktere die im Laufe der Jahre auf der Leinwand zu sehen waren in irgend einer Form auf Spielzeug, Taschen oder anderem Merchandise verewigt.
Von diesen Exzessen einmal abgesehen gab es auf der Messe einige recht interessante und originelle Spiele und Spielzeuge zu sehen; grade die Zusammenführung analoger und digitaler Spielwelten schreitet langsam aber stetig voran. Kosmos haben dafür mit ihren Produkten ein sehr schönes Beispiel vorgelegt, aber auch andere Verlage arbeiten erfolgreich in diese Richtung und langsam entstehen funktionierende Konzepte, die wohl in den kommenden Jahren in einer völligen Verschmelzung münden könnten. Aber auch in den Kinderzimmern hält die Elektronik immer mehr Einzug, von Puppenhäusern, die sich über das Smartphone steuern lassen bis hin zu Plüschtieren, die mit diversen Sensoren ausgestattet sind. Und schließlich gibt es immer noch tolle, überraschende Ideen für traditionelle Brett-, Karten- oder Würfelspiele, so dass auch für die Messen der nächsten Jahre genug Stoff vorhanden sein dürfte.