Sonntag, 5. Juni 2016

[Convention] Burgevent Stahleck
Samstag, 28. Mai 2016
Burg Stahleck, Bacharach


Alle Jahre wieder lädt der Heidelberger Spieleverlag seine Mitarbeiter, die Mitglieder seines Support-Teams, Partnerverlage, aber auch einige Spieler und Pressevertreter auf die Burg Stahleck in Bacharach am Rhein ein. Dort haben sie die Gelegenheit fast drei Tage lang mit Gleichgesinnten ein Schwätzchen zu halten und natürlich zahlreiche zukünftige Spieleneuheiten zu begutachten und ausgiebig zu bespielen. Am Freitag war ich noch beruflich eingebunden und auch am Sonntag war mein Terminplan schon gut gefüllt, so blieb mir leider nur der Samstag für einen kleinen Abstecher auf die Stahleck.

Da ich nur eine kurze Anreise hatte, konnte ich immerhin ausschlafen und kam relativ ausgeruht gegen 10 Uhr in der zur Jugendherberge umfunktionierten Burg an. Einigen Spielern, die im Burghof frühstückten oder dort die erste Zigarette des Tages rauchten, waren die Strapazen der vergangenen Nacht deutlich anzusehen; gerüchteweise waren die letzten Spielerunden gegen 4 Uhr morgens zu Ende gegangen. Doch davon ließ ich mich nicht beirren und suchte meinen Ansprechpartner im Foyer auf, der mit mir zuerst einen kurzen Rundgang durch die Räumlichkeiten machte und eine erste Einführung gab. Danach schlenderte ich noch einmal in den Burghof um den wirklich spektakulären Blick ins Mittelrheintal zu genießen und mir noch ein oder zwei Lungenzüge frischer Luft zu genehmigen. Mittlerweile waren auch fast alle Aussteller mit dem Frühstück fertig und die Spieltische füllten sich erstaunlich schnell, so dass ich mich auch langsam auf den Weg in den Rittersaal machte. Sehr entspannt und ohne großartiges Gedränge suchten sich die Spielebegeisterten ihre Plätze.


Ich fand meine erste Spielerunde direkt neben dem Eingang bei Czech Games Edition. Da ich, zugegebenermaßen, ein Fan des großartigen Ratespiels Codenames bin, war ich neugierig was sich der Verlag für den Nachfolger ausgedacht hatte. Entsprechende Mitspieler zu finden war kein Problem und da sich der Spielablauf der beiden Spiele nur minimal unterscheidet stand einer schnellen Partie nichts im Wege. Allerdings stellt Codenames Pictures die Spieler vor völlig andere Herausforderungen, denn anstatt der Begriffe sind nun Zeichnungen, fast immer mit sehr frei interpretierbaren Motiven, auf den Karten. Auch mit den Bildern funktioniert die Agentenjagd hervorragend, allerdings macht sie jetzt noch ein paar zusätzliche Knoten ins Hirn. Direkt am Nebentisch wurde die zweite Neuheit Adrenalin ausgiebig angespielt und ich bekam zumindest einen oberflächlichen Eindruck über das Spiel. Ähnlich wie bei einem Ego-Shooter auf dem Computer steuert jeder Spieler seine Figur durch die Korridore eines Raumschiffs oder Gebäudekomplexes, sammelt Waffen und Ausrüstungen und versucht dabei natürlich sich der gegnerischen Figuren zu entledigen. Sicher auch ein Spiel, dass ich mir demnächst etwas genauer anschauen werden.

Nachdem die Agentenjagd mich doch über die Maßen beansprucht hatte, musste ein einfacheres Spiel her. Die Wahl fiel dabei auf Justice League: Hero Dice, das zwar nicht wirklich neu ist, dafür aber mit Flash und Green Lantern zwei frische Superhelden in den Kampf gegen das Böse schickt. Jeder der Helden verfügt dabei über einen eigenen Würfelsatz, mit denen er Treffer gegen die Schurken austeilt und seine Sonderfähigkeiten nutzt. Meine Mitspielerin wählte, ganz klassisch, Batman, ich dagegen wollte etwas Neues ausprobieren und nahm Flash, der zwar nur einen sehr kleinen Würfelpool hat aber, zumindest theoretisch, Dank seiner Fähigkeiten fast unbegrenzt agieren kann. Das zwischen Theorie und Praxis eine recht große Lücke klafft war dann schon nach zwei oder drei Spielrunden abzusehen, das es den Helden nicht mal annährend gelang, die Flut der Bösewichter einzudämmen. So wurde Metropolis schnell überrannt und Flash und Batman mussten sich geschlagen geben. Immerhin schaffte es im Laufe des Tages, kein anderes Team unseren aufgestellten Rekord von exakt 0 Punkten einzustellen - ein kleiner Trost und ein sehr spaßiges, schnelles Spiel.

Da es ausnahmsweise grade nicht regnete, gönnte ich mir eine kurze Auszeit vom anstrengenden Spielen und legte im Burghof eine Pause ein. Einige Demorunden hatten die Regenpause ebenfalls genutzt und sich nach draußen auf die Bierzeltgarnituren verlagert. Nachdem ich ein paar Minuten die, im Vergleich zum Rittersaal, himmlische Ruhe genossen hatte, stürzte ich mich dann doch gleich auf das nächste Spiel. Die Kickstarter-Kampagne zu Xibalba von Voodoo Games wurde vor kurzem erfolgreich beendet und die Macher hatten einen, sehr ansehnlichen, Prototypen mit auf die Burg gebracht. Jeder Spieler übernimmt bei dieser Mischung aus Karten- und Würfelspiel eine Fraktion, erwürfelt Ressourcen, baut damit seine Basis aus, rekrutiert Soldaten und Wissenschaftler und versucht durch Kampf oder Handel an eine außerirdische Substanz zu kommen. Optisch sehr ansprechend macht Xibalba auch spielerisch einen sehr guten Eindruck, auch wenn mein „Würfelglück“ mir hier wieder treu geblieben ist.

Danach machte ich in einer stillen Ecke des Burghofes eine richtige Pause, verspeiste einen kleinen Snack und beobachtete amüsiert die „regulären“ Besucher der Burg, denen das Treiben an den Tischen offensichtlich nicht immer ganz geheuer war. Vor allem die Vudu'-Spieler, unter Anleitung von Autor Marco Valtriani, sorgten mit ihrer merkwürdigen Geräuschkulisse und den skurrilen Verrenkungen für irritierte Blicke.


Zumindest ein wenig ausgeruht und etwas gestärkt, fühlte ich mich bereit für die nächste Runde. Da ich leidenschaftlicher Tabletop-Spieler bin stand als nächstes The Walking Dead - All Out War auf dem Programm. Der Zombie-Hype ist zwar weitgehend abgeklungen, was die Briten von Mantic jedoch nicht daran hindert diese Mischung aus Brettspiel und Tabletop, basierend auf den Comics und der Fernsehserie, zu veröffentlichen. Während jeder Spieler versucht mit seiner Gruppe Überlebender die jeweilige Mission zu erfüllen schlurfen die Zombies, geleitet von den Regelmechanismen übers Brett und stürzen sich auf alles, was sich bewegt. Die Kunststoff-Figuren sind zwar recht nett, allerdings machten die Regeln einen ziemlich unausgegorenen Eindruck. Das Spiel präsentierte sich als sehr statische Angelegenheit, bei der taktische Überlegungen praktisch keinen Einfluss hatten, dafür das Würfelglück umso mehr den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gab. Alles in allem für mich eine ziemliche Enttäuschung und ich bin froh, nicht bei der Crowdfunding-Kampagne mitgemacht zu haben.


Direkt nebenan war der richtige Demotisch von Voodoo Games, an dem die Spieler schon einen ersten Ausflug zu den Isles of Terror machen konnten. Nach derzeitigem Planungsstand soll das Spiel im Laufe des nächsten Jahres veröffentlicht werden, machte aber schon einen recht kompletten Eindruck. Auf einer Hexfeldkarte müssen die Spieler eine unbekannte Insel erforschen, Artefakte sammeln und die finsteren Machenschaften der Eingeborenen vereiteln. André Schillo und Martin Müller legen hier eine recht interessante Mischung aus verschiedenen Spielgenres vor, die sich vor allem optisch wieder sehr eindrucksvoll präsentiert und, zumindest vom ersten Eindruck her, ein spannendes, taktisches Spiel verspricht.

Dagegen befand sich die Aufmachung von Viral am Demotisch von Mesaboardgames noch in einem sehr frühen Stadium. Als unterschiedliche Virenstämme müssen die Spieler hier einen menschlichen Körper befallen, sich in die Organe ausbreiten, lästige Antibiotika überstehen und schließlich dafür sorgen, dass alle anderen Viren aus dem Körper entfernt werden. Vielleicht thematisch nicht das netteste Spiel auf der Stahleck, aber sehr gut durchdacht und erstaunlich einfach zu spielen. Sicherlich ein Spiel, dass ich in Zukunft näher im Auge behalten werde.
Da ich mich bisher fast ausschließlich im Rittersaal und im Hof aufgehalten hatte, wollte ich natürlich auch wissen, was in den anderen Räumen gespielt wird. Im Erdgeschoss hatten die italienischen Verlage ihren Platz gefunden, leider ergab sich für mich aber keine Gelegenheit eine Runde The Way of the Panda oder Xi'an von Pendragon anzuspielen. Der Kellerraum war ganz in der Hand von PD Games, wo verschiedene Erweiterungen zu Concordia angetestet werden konnten. Da mich das in der Antike angesiedelte Aufbauspiel nicht wirklich interessierte, warf ich nur einen kurzen Blick auf die neuen, sehr hübsch aufgemachten, Karten zu Hellas, Korsika und Gallien und machte mich wieder auf den Weg in den Burghof.
Mittlerweile war es schon spät geworden und auch die nächsten Unwetterwolken schoben sich durchs Rheintal. Daher wurde für das Abendessen etwas umdisponiert und nur die Grille mit Unmengen an totem, verbranntem Tier und Tofu-Würstchen standen im Freien, während die Beilagen im Keller der Burg aufgebaut wurden. Kaum hatten sich die ersten Spieler ihr Essen auf den Teller geschaufelt als auch schon der erwartete Regen einsetzte und die Plätze unter den großen Schirmen schnell vergeben waren. So zog ich mich mit meinem Burger in den Rittersaal zurück und nutzte die Ruhe und hielt mit einigen Autoren und Spielern, die hier ebenfalls Zuflucht gesucht hatten, noch ein kurzes Schwätzchen und tauschte Eindrücke aus. 
Nach dem Essen blieb ich noch für eine Runde Mob Town am Stand von Trefl. Hier teilen andropomorphe Gangster eine Stadt unter sich auf und versuchen ihre Aufgaben zu lösen. Ein nettes Kartenspiel (und ganz ohne Würfel) mit putzigen Zeichnungen und einem recht hohen „Ärger-Faktor“. Für einen Absacker genau das Richtige!

Eigentlich wollte ich mir noch die abschließende Feuershow von The Burning Dragons anschauen, doch da der Weg zum Auto weit war und ich im finsteren Wald geparkt hatte, nutzte ich eine kurze Regenpause sowie das letzte Licht des Tages und machte mich auf den Heimweg.

Natürlich reicht ein Tag bei weitem nicht aus, alle angebotenen Spiele zu testen, bei einigen war leider nur Zeit für einen kurzen Blick über die Schulter der anderen Spieler. Auf jeden Fall habe ich meiner Beobachtungsliste einige weitere Spiele hinzugefügt, die ich mir sicherlich bei Gelegenheit noch genauer anschauen werden, beispielsweise das sehr imposante In the Name of Odin, die kommenden Erweiterungen zu Potion Explosion und Steam Park oder das Kartenstichspiel Cohort.

Ein riesengroßes Dankeschön an des Team des Heidelberger Spieleverlags für diese spannende, lustige und sehr informative Veranstaltung!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen